Frage an Petra Sitte bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Petra Sitte
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Frage von Jannik B. •

Frage an Petra Sitte von Jannik B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Sitte,

Wenige Überwachungsmaßnahmen bedrohen Freiheitsrechte und Demokratie so sehr wie automatische Gesichtserkennung: Sie macht Fehler, sie diskriminiert Frauen und People of Colour und gefährdet die anonyme Teilnahme an Demonstrationen.

Selbst wenn Gesichtserkennung perfekt funktionieren würde: Sie wäre dann in der Lage, ganze Stadtgebiete zu überwachen und die Identität von Zehn- oder Hunderttausenden von Menschen gleichzeitig zu erfassen. Technisch möglich wäre das staatliche Erstellen von Bewegungsprofilen.

Darunter leiden Freiheitsrechte, individuelle Entfaltung und politische Teilhabe. Wer sich im öffentlichen Raum ständig von einer intelligenten Kamera abgescannt und analysiert fühlt, verspürt einen Überwachungsdruck. Selbsteinschränkung und aufgezwungene „Konformität“ ist die Folge. In einer gesunden, pluralistischen Demokratie ist es aber wichtig, dass sich Menschen bei ihrer Meinungsbildung, individuellen Entfaltung und politischen Partizipation nicht beobachtet fühlen.

Gesichtserkennung birgt enormes Missbrauchspotential – sowohl für einzelne unberechtigt Handelnde als auch für etwaige zukünftige autoritäre Regierungen. Zivilgesellschaftliches Engagement gegen eine Regierung, die exakt weiß, wer wann wo ist, ist nur schwer denkbar. Es liegt in der historischen Verantwortung Deutschlands, keine Infrastruktur aufzubauen, die es ermöglicht, die gesamte Gesellschaft zu kontrollieren.

Das Bewusstsein für die enormen Risiken für unsere demokratisch, freie Gesellschaft wächst. Deshalb bitte ich Sie:

Setzen Sie sich für ein Verbot automatisierter Gesichtserkennung in der Öffentlichkeit ein. Fördern Sie stattdessen ein wirksames Vorgehen gegen Anschläge durch soziale Präventions- und Aussteigerprogramme statt ungezielter Massenüberwachung.

Wie ist Ihre Position zu automatisierter Gesichtserkennung?
Wie werden Sie stimmen, wenn der Bundestag über die Möglichkeit automatisierter Gesichtserkennung in der Öffentlichkeit abstimmen soll?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich teile ihre Befürchtungen bezüglich des Einsatzes automatisierter Gesichtserkennung in der Öffentlichkeit. Meine Fraktion hat bereits das Pilotprojekt am Bahnhof Berlin-Südkreuz kritisch begleitet und sich klar gegen weitere Überwachungsmaßnahmen dieser Art ausgesprochen. Auch in der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz des Bundestags, die zurzeit arbeitet und der ich angehöre, haben wir uns entsprechend positioniert. Auch wenn unsere Forderung nach einem Verbot automatisierter Gesichtserkennung im öffentlichen Raum dort mehrheitlich nicht geteilt wird, werden wir sie in einem Sondervotum zum Kommissionsbericht zum Ausdruck bringen und uns auch weiterhin in diesem Sinne einsetzen.

mit freundlichen Grüßen

Petra Sitte

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