Frage an Rüdiger Kruse

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Rüdiger Kruse
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Frage von Jörn T. •

Frage an Rüdiger Kruse von Jörn T.

Sehr geehrter Herr Kruse,

Betr.: TTIP Abkommen & TISA-Abkommen

Am 4. Januar 2015 erschien auf Spiegel-Online ein Artikel zu dem TTIP-Abkommen ("Agrarminister Schmidt zu TTIP: Wir können nicht mehr jede Wurst schützen"). Zu diesem Artikel wurden am gleichen Tag über 1.000 Leserkommentare online gestellt. Das ist ein Rekord. Ich behaupte, das Thema TTIP und TISA regt die Wähler auf.

Darf ich Sie fragen, wie Sie abstimmen werden?

Ich bin seit 35 Jahren Außenhandelskaufmann in Hamburg. Durch die WTO (World Trade Organization) haben wir mit dem Nahen Osten, dem Fernen Osten und Amerika sämtliche Zollschranken abgebaut. Ich kann nicht erkennen, weshalb TTIP den Handel zwischen den USA und der EU beleben soll. Es gibt zwischen diesen beiden Wirtschaftsblöcken fast keine Handelshemmnisse mehr.

Das Problem ist vielmehr, das die USA dermaßen überschuldet sind, dass sie niemals mehr ihre Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigerstaaten (China, Deutschland, Japan usw) werden begleichen können. Aus diesem Grund streben die USA nun auch nach der wirtschaftlichen Weltherrschaft. Gemäß TTIP werden künftig geheime Schiedsgerichte Streitigkeiten zwischen Konzernen und Regierungen regeln. Das wird dazu führen, dass TTIP unseren Sozialstaat, unsere Justiz, unseren Umweltschutz, unser Finanzsystem, unsere Versorgungsunternehmen, schlicht unsere gesamte Daseinsfürsorge und Demokratie zerschlagen wird. Nutznießer werden die US-amerikanischen Konzerne sein.

Sind die Abgeordneten der großen Koalition wirklich so naiv, dieses nicht zu durchschauen. Können Sie es verantworten, einem Gesetzeswerk von mehr als 5.000 Seiten zuzustimmen, ohne die Folgen einschätzen zu können?

Wollen Sie das wirklich?

PS: Info zum Thema TISA unter http://www.tagesschau.de/wirtschaft/tisa-102.html

Mit freundlichen Grüßen
Jörn Timmermann, Hamburg

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Sehr geehrter Herr Timmermann,

vielen Dank für Ihre Anregungen und Ihre Fragen bei abgeordnetenwatch zu der geplanten Transatlantic Trade an Investment Partnership (TTIP) mit den USA.

Derzeit wird viel über das TTIP diskutiert. Zahlreiche Personen äußern sich zu verschiedensten Aspekten des geplanten Abkommens. Dazu zähle ich auch die von Ihnen angesprochene Aussage unseres Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt. Dieser hat sich, im Nachgang zu dem zitierten Spiegel-Bericht, wie folgt zu TTIP geäußert: „Unser Ziel muss sein, die größtmögliche Transparenz für den Verbraucher herzustellen. Das gilt auch beim Prinzip der geschützten Herkunftskennzeichnung, die dem Schutz und der Förderung traditioneller und regionaler Lebensmittel dient. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass der Schutz unserer europäischen Spezialitäten konsequent und transparent durchgesetzt wird und dass es weder Parmaschinken made in USA noch Feta-Käse aus Dänemark gibt.“ Dieser Aussage kann ich zustimmen. Den kompletten Beitrag finden Sie hier:
http://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Markt-Handel-Export/_Texte/TTIP-Herkunftsbezeichnungen.html

Das TTIP bietet in meinen Augen eine große Möglichkeit, den Handel zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA zu intensivieren und wirtschaftliche Impulse zu setzen. Mit dem Abkommen sollen zum einen Warenzölle wegfallen, die Im- und Exporte bisher verteuern. Allerdings wird dadurch eine eher geringe wirtschaftliche Belebung möglich sein. Im Durchschnitt liegen Zölle zwischen der EU und den USA bei gerade einmal vier Prozent. Die EU schätzt, dass 80% der potentiellen Wertsteigerung daher aus der Senkung von Kosten, verursacht durch Bürokratie und Regulierung, möglich sind. Unterschiedliche technische Vorschriften und Zulassungsverfahren sollen vereinfacht werden. Davon profitieren Verbraucher und Unternehmer. So müssen derzeit beispielsweise Rücklichter von PKW in den USA eine andere Form haben als in der EU, obwohl beide einwandfrei funktionieren. Deutsche Autohersteller müssen die Fahrzeuge, die in die USA exportiert werden, eigens umrüsten. Dies ist mit erheblichen Mehrkosten verbunden. Mit der Verabschiedung des TTIP würde diese Absurdität zum Beispiel wegfallen. Insgesamt sagt die EU-Kommission der EU ein wirtschaftliches Wachstum von zusätzlichen 120 Milliarden Euro voraus, den USA von 90 Milliarden Euro und der restlichen Welt von 100 Milliarden Euro. Für jeden Haushalt in Europa würde dies einen wirtschaftlichen Vorteil von 545 Euro bedeuten (in Form günstigerer Produkte und Dienstleistungen).
Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung würde in Deutschland das reale Pro-Kopf-Einkommen um rund 4,7 Prozent steigen. Diese Zahl bietet das Potential für 160.000 bis 200.000 neue Arbeitsplätze in Deutschland. Sie sehen: Unser Land kann von dem TTIP in erheblichem Maße profitieren.

Die Befürchtungen, dass Schiedsgerichte unsere Demokratie aushebeln, sind m. E. nicht gerechtfertigt. Jeder Gesetzgeber wird auch künftig Gesetze verabschieden können, beispielsweise für Standards zum Schutz der Umwelt, der Gesundheit, der Sicherheit oder anderer öffentlicher Interessen. Mit den Schiedsverfahren soll ausländischen Investoren mehr Rechtssicherheit gegeben werden. Damit soll verhindert werden, dass ein Land einen Investor zum Beispiel durch eine Verstaatlichung enteignen kann oder Gesetze erlässt, die seine Investition wertlos machen. Dies ist in den Beziehungen zwischen der EU und den USA ohnehin relativ unwahrscheinlich. Beim Schiedsverfahren geht es im Wesentlichen um Schlichtung und gegebenenfalls um Schadenersatz.

Es ist völlig richtig, dass sich Öffentlichkeit und Politik Gedanken über das TTIP machen und es Punkte gibt, die ausführlich und hart diskutiert werden. Klar ist auch: Kein Regelwerk wird so beschlossen, wie es in den ersten Vorschlägen skizziert wird. Aus diesem Grund kann ich Ihnen heute noch nicht sagen, wie ich abstimmen werde, wenn das TTIP zur Abstimmung stehen wird.

Beste Grüße
Rüdiger Kruse