Frage an Rüdiger Kruse bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Rüdiger Kruse
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Frage von Daniel F. •

Frage an Rüdiger Kruse von Daniel F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo,
wie haben Sie bei der Abstimmung zum Melderecht am 28.06.2012 abgestimmt?
Warum war der Bundestag überhaupt noch beschlussfähig, wenn kaum noch Abgeordnete anwesend waren, wie z.B. die Tagesschau* berichtet?
Warum waren überhaupt kaum Abgeordnete anwesend bei einer normalen Sitzung?

Gruß
Daniel Frank

* http://www.tagesschau.de/inland/meldewesen102.html

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Franke,

vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zum neuen Bundesmeldegesetz.

An der Abstimmung über das neue Meldegesetz habe ich nicht teilgenommen. Wenn Sie häufiger die Beratungen und Abstimmungen im Deutschen Bundestag verfolgen, dann werden Sie feststellen, dass das Plenum in den seltensten Fällen voll gefüllt ist. Ein Großteil der parlamentarischen Arbeit spielt sich nämlich nicht im Plenum, sondern in den Ausschüssen ab.
Derzeit existieren 22 ständige Ausschüsse im Bundestag, die sich mit bestimmten Fachgebieten beschäftigen. Es gibt beispielsweise den Auswärtigen Ausschuss, den Gesundheitsausschuss oder den Petitionsausschuss. Besetzt sind diese Ausschüsse jeweils entsprechend den Kräfteverhältnissen im Parlament, mit Abgeordneten der verschiedenen Fraktionen. Ich selbst bin Mitglied im Haushaltsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss. Im Haushaltsausschuss beraten und debattieren wir beispielsweise den Bundeshaushalt, der alljährlich verabschiedet wird und verschiedene Gesetze, die unseren Fachbereich betreffen. Den übrigen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die nicht im Haushaltsausschuss sitzen, geben wir eine Empfehlung ab, ob sie einem Gesetz, das unser Ressort betrifft, zustimmen sollten oder nicht. Die Entscheidung liegt dann natürlich bei jedem einzelnen Abgeordneten.

Im Jahr 2011 wurden 148 Gesetze vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Dies waren, bei 22 Sitzungswochen, durchschnittlich sechs bis sieben Stück pro Woche. Alle diese Gesetze zu lesen und zu durchdringen ist nicht möglich. Denn neben den Ausschuss- und Plenarsitzungen habe ich regelmäßig Fraktions-, Landes- und Arbeitsgruppensitzungen, Gespräche mit Besuchergruppen, Experten und Journalisten. Zudem fällt viel Korrespondenz mit Bürgern, Vereinen, Abgeordnetenkollegen und Ministerien an. Dazu kommen Besprechungen mit meinen Mitarbeitern und Treffen mit verschiedenen Interessengruppen, zum Beispiel aus dem Bereich des Umweltschutzes oder der Kultur.
Würde ein Abgeordneter den gesamten Tag im Plenum verbringen, dann wäre dies paradoxerweise ein Zeichen dafür, dass er seine Arbeit nicht gewissenhaft erfüllt.

Bei vielen Gesetzen, die zur Abstimmung stehen, muss ich mich auf das Urteil meiner Fraktionskollegen verlassen. Im Gegenzug verlassen sich meine Kollegen bei Gesetzen aus meinem Ressort auf mein Urteil. Bei sehr wichtigen Abstimmungen, beispielsweise über Auslandseinsätze der Bundeswehr oder den Bundeshaushalt, wird die vollständige Präsenz der Abgeordneten verlangt. Zudem wird dabei häufig namentlich abgestimmt. Dann ist das Plenum voll gefüllt.

Das Parlament ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder des Deutschen Bundestages im Plenum anwesend sind. Sind es weniger Mitglieder, dann kann die Beschlussfähigkeit von fünf Prozent der anwesenden Mitglieder, oder einer Fraktion angezweifelt werden. Finden sich dann bei der Zählung nicht ausreichende Abgeordnete ein, dann hebt der Sitzungsleiter (der Bundestagspräsident oder einer seiner Stellvertreter) die Sitzung auf. In der Praxis wird die Beschlussfähigkeit hin und wieder angezweifelt, dann müssen alle Abgeordneten ihre oben beschriebenen Beschäftigungen abbrechen und unverzüglich im Plenum erscheinen, um an der Zählung teilzunehmen. Im regulären Parlamentsbetrieb arbeitet der Bundestag jedoch mit einem eher klein besetzen Plenum, um die Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten.

Beste Grüße
Rüdiger Kruse