Frage an Rüdiger Kruse bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Rüdiger Kruse
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Frage von Hans Peter K. •

Frage an Rüdiger Kruse von Hans Peter K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Kruse,

mein Sohn hat mit gutem Abschluss das Hamburger Turbo-Abi bestanden und sucht jetzt einen Studienplatz in den Fächern Psychologie oder Wirtschaftspsychologie.

Ich bin sehr erstaunt wie unprofessionell und demotivierend das Verfahren zur Studienplatzvergabe aktuell funktioniert. Stand heute muss man nach dem Bewerbungsschluss bis Ende August warten, ob man eine Zusage bekommt oder sich auf der Warteliste befindet, bis Mitte September werden die Wartelisten aufgrund der systemimmanenten Mehrfachbewerbungen permanent umsortiert und bis Ende Oktober hat man final Klarheit, ob man einen Studienplatz hat oder nicht. Am Ende des Prozesses kann es passieren, dass man trotz eines guten Abis keinen Studienplatz bekommt und in der Warteschleife hängt. Für junge, motivierte Menschen ist dies eine sehr unbefriedigende Situation. Dieses Verfahren widerspricht auch dem politischen Ziel, die schulischen und universitären Ausbildungszeiten zu verkürzen.

Meine Frage nun, wie gehen Sie mit dem Thema um und warum konnte im Rahmen der Bildungsinitiativen der Bundesregierung diese vorhersehbare Situation nicht proaktiv durch eine Optimierung der Zugangsregelungen und Vergabeprozesse angegangen werden?

Vielen herzlichen Dank und Grüße

Hans Peter Knaust

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CDU

Sehr geehrter Herr Knaust,

vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch zum Thema Hochschulzugang.

Für die meisten Studiengänge ist in Deutschland eine Bewerbung direkt bei der Hochschule erforderlich. Eine Einflussmöglichkeit des Bundes existiert dabei nicht. Die Studienplatzvergabe von einigen Studiengängen, wie Medizin und Pharmazie, werden über die Stiftung für Hochschulzulassung bundesweit organisiert (die Stiftung für Hochschulzulassung firmierte bis 2008 unter dem Namen Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS)). Vor einigen Jahren war die Kritik an der damaligen ZVS sehr groß. Die Organisation sei zu bürokratisch und zu schwerfällig. Es war „en vogue“, mehr Föderalismus in der Bildungslandschaft zu fordern. Dies führte zu einer starken Dezentralisierung im Bereich der Studienplatzvergabe, deren Folgen heute eher negativ sind.

Um am Ende nicht ohne Studienplatz dazustehen, bewerben sich viele Abiturienten an mehreren Universitäten. Dies führt dazu, dass besonders Universitäten in großen, attraktiven Städten, wie Hamburg, einen Bewerberansturm erleben. Für das kommende Wintersemester 2012/2013 haben sich an der Universität Hamburg 44.831 Personen für ein Studium beworben – bei 5146 Plätzen, die vergeben werden können. Dementsprechend gibt es zahlreiche Nachrückverfahren, weil viele Studenten sich für andere Universitäten entschieden haben, von denen sie ebenfalls eine Zusage erhalten haben.

Dass die Zulassungen im Nachrückverfahren erst kurz vor dem eigentlichen Studienbeginn, oder teilweise auch danach erteilt werden, ist durchaus an der Tagesordnung und schafft bei vielen Bewerben – verständlicherweise – Verdruss. Eine Planungssicherheit ist für viele junge Menschen nicht gegeben, so auch bei Ihrem Sohn.

Um diesen Zustand zu verbessern, ist in diesem Semester das so genannte „Dialogorientierte Serviceverfahren“ gestartet. Dieses wird von der Stiftung für Hochschulzulassungen angeboten und soll das Bewerbungsverfahren bundesweit vereinfachen. Es bietet eine zentrale Internet-basierte Plattform zur Koordinierung der Studienplatzbewerbung und – zulassung. Die Ergebnisse der Auswahlverfahren werden von den Hochschulen auf die Plattform hochgeladen. Bewerber können im Bewerbungsportal den Status ihrer Bewerbungen abrufen, Zulassungsangebote einsehen und per Mausklick eines der Angebote annehmen. Sobald die Bewerber ein Angebot angenommen haben, nehmen deren weitere Bewerbungen nicht mehr am Verfahren teil, sodass frühzeitig mehr Studienplätze für andere Bewerber zur Verfügung stehen. Derzeit befindet sich das Projekt in einer Pilotphase, an dem unter anderem die Universität Hamburg teilnimmt. Ziel ist es, die von Ihnen beschriebenen Missstände zu beseitigen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt.

Weil der Bereich Wissenschaft im Ressort der jeweiligen Bundesländer liegt, erhalten die Hochschulen einen Großteil ihres Budgets von den Landeshaushalten. Der Bund unterstützt eher Sonderprojekte, wie die Exzellenzinitiative oder den Hochschulpakt 2020. So fließen in den Jahren 2011 bis 2015 beispielsweise rund fünf Milliarden Euro in den außerordentlichen Ausbau der Studienplätze, um dem prognostizierten Bewerberansturm der kommenden Jahre besser begegnen zu können. Auf die Vergabeverfahren der einzelnen Universitäten haben die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag so gut wie keinen Einfluss. Das Gremium, in dem eine länderübergreifende Zusammenarbeit organisiert werden kann, ist die Kultusministerkonferenz (KMK). Darin beraten die Minister der einzelnen Länder aus den Bereichen Bildung, Erziehung und Forschung.

Ihrem Sohn wünsche ich, dass er den Studienplatz an einer Universität seiner Wahl erhält und gut in sein Studium starten kann. Die ersten Schritte, hin zu einer besseren Vergabepraxis, sind gemacht. Ihr Sohn wird davon wahrscheinlich leider nicht mehr profitieren können.

Beste Grüße
Rüdiger Kruse