Frage an Stephan Harbarth bezüglich Wirtschaft

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Stephan Harbarth
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Frage von Frank R. •

Frage an Stephan Harbarth von Frank R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Harbarth,

mit Entsetzen habe ich die Pläne von Norbert Röttgen und Philipp Rösler zum Abwürgen des Solarbooms in Deutschland vernommen. Damit verspielt die Koalition den letzten Rest an Glaubwürdigkeit, die vor gerade mal 9 Monaten beschlossene Energiewende ernst zu nehmen.

Gerade jetzt, wo die von den Stromkunden (!) mit Milliardenaufwand geförderte PV beginnt, signifikante Beiträge zur Energieversorgung zu leisten, wird ein Kostenargument vorgeschoben, um den weiteren Ausbau zu stoppen. Keine andere Energieform hat in solch kurzer Zeit so eine gewaltige Kostenreduktion umgesetzt, und jetzt, wo die Ernte dieser Entwicklung eingefahren werden könnte, schaltet die Koalition den Motor ab, um sich die Mühen der weiteren Netzintegration zu ersparen. Es ist zu befürchten, dass nicht Intellekt und Logik hier federführend waren, sondern eher die großen Stromkonzerne, die Angst vor der wachsenden Konkurrenz gerade in den mittäglichen Spitzenlastzeiten bekommen, in denen in der Vergangenheit am besten verdient wurde.

Meine Frage an Sie ist, ob Sie als mein Abgeordneter bei der anstehenden Abstimmung für diese Pläne der Koalition stimmen werden. Ich hätte dann den letzten Glauben an die CDU verloren, und die CDU weitere zukünftige Stimmen an die Grünen.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Frank Rominger

P.S. Warum kommt in der Subjectzeile "Thema Ihrer Frage" Energiepolitik gar nicht vor? So war Ich gezwungen, die Frage unter Wirtschaft einzuordnen.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rominger,

vielen Dank für Ihre Email. Die ursprünglich von der Bundesregierung geplanten Änderungen der Photovoltaik-Förderung haben in den Koalitionsfraktion von CDU/CSU und FDP sowie auf Länderebene erheblichen Unmut ausgelöst. Nach der 1. Lesung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag am 9. März 2012 haben sich die Abgeordneten der CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg ganz einhellig gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen.

Nach langen und schwierigen Verhandlungen haben Bundesregierung, Koalitionsfraktionen und die Länder – wie ich meine – dann einen tragfähigen Kompromiss gefunden und in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Der veränderte Gesetzentwurf ist dann in 2./3. Lesung vom Deutschen Bundestag am 29. März 2012 beschlossen worden.

Grundsätzlich ist richtig, dass das EEG zu einer Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energieträger an der deutschen Elektrizitätsversorgung geführt hat. Diese begrüßenswerte Entwicklung ist jedoch mit einem massiven Kostenanstieg für einen Großteil der Stromverbraucher verbunden. Die Bundesregierung hat sich in ihrem Kabinettsbeschluss vom Sommer 2011 verpflichtet, die EEG-Umlage nicht über 3,5 ct/kWh steigen zu lassen.

Richtig ist aber auch, dass die bisherigen Maßnahmen dieses Ziel nicht erreicht haben, insbesondere wegen des bis dato ungebremsten und umfangreichen Zubaus förderintensiver Photovoltaikanlagen. Von den im EEG verteilten Subventionen profitieren in erster Linie die Betreiber der Anlagen und nicht, wie im EEG seit dem Jahr 2000 vorgesehen, die Hersteller und Handwerker. Zudem gewinnen ausländische, vornehmlich chinesische Photovoltaikhersteller – bedingt durch die subventionierte Verdrängungspolitik Chinas – stetig an Marktanteilen in Deutschland. Die deutsche EEG-Umlage fördert also hauptsächlich die Beschäftigung und Gewinne ausländischer Hersteller.

Wir müssen den weiteren Ausbau der Photovoltaik so gestalten, dass ein dynamischer Ausbau der erneuerbaren Energien weiterhin möglich bleibt, dass er die Netzstabilität nicht gefährdet und dass die Belastungen für die Verbraucher begrenzt werden! Der Rekordzubau an Photovoltaik-Anlagen im vergangenen Jahr macht ein politisches Nachsteuern zwingend erforderlich. Nur so ist es möglich, die Kosten für die EEG-Umlage, die jeder einzelne Stromkunde zu tragen hat, im Bereich von 3,5 Cent pro Kilowattstunde zu halten.

Würde der Staat jetzt nicht eingreifen, stiegen die Energiekosten angesichts einer zwanzigjährigen Vergütungsgarantie für Solarstrom auf lange Sicht unverhältnismäßig. Und nur so sorgen wir dafür, dass der Photovoltaik-Zubau die Stabilität unseres Stromnetzes nicht gefährdet. Beides ist Voraussetzung für die Akzeptanz des Umbaus der Energieversorgung und damit für das Gelingen der Energiewende.

Wichtig ist, dass Planungssicherheit und Vertrauensschutz für die (privaten) Investoren, für die Landwirte und die Handwerker durch dieses Gesetz nicht untergraben werden dürfen. Deshalb wurde als erste Maßnahme das ursprünglich zum 9. März 2012 vorgesehene Inkrafttreten der Vergütungsabsenkung für Dachanlagen auf den 1. April 2012 verschoben. Für die Inbetriebnahme reicht die einfachere „kaufmännische“ Inbetriebnahme der Anlage.

Wir hatten bereits festgelegt, dass Vertrauensschutz für Freiflächenanlagen gilt, wenn der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan vor dem 1. März 2012 ergangen ist und die Anlage unter Zugrundelegung des technischen Inbetriebnahmebegriffs bis zum 30. Juni 2012 in Betrieb genommen wird.

Zusätzlich wurde neu geregelt, dass Vorhaben, deren Standort Gegenstand eines Planfeststellungsverfahren ist, den gleichen Vertrauensschutz bekommen, wie Anlagen, die bereits einen Aufstellungsbeschluss haben. Für beide Vorhabentypen gelten die Vergütungssätze nach bisher geltendem Recht; d.h.: die nach geltendem Recht erst für den 1. Juli 2012 vorgesehene Vergütungsabsenkung um 15 % wird nicht vorgezogen.

Die nun beschlossenen Änderungen werden auch bei uns in der Fraktion unterschiedlich bewertet. Dem einen gehen sie zu weit, dem anderen reichen sie nicht. Jede/r Abgeordnete hat spezielle Investitionsvorhaben, Anlagenbetreiber und Händler oder Handwerker im Wahlkreis, die gut an Photovoltaik verdienen. Jeder hat Briefe mit Forderungen nach weniger Vergütungsabsenkung und längeren Übergangsfristen für Vorhaben. All das haben wir intensivst diskutiert und dann Entscheidungen getroffen.

Wir dürfen das große Ziel nicht aus den Augen lassen: Es geht um den Ausbau der erneuerbaren Energien, es geht um Arbeitsplätze in Deutschland in einer Zukunftsbranche. Aber es geht auch um Stromkosten für die Bürger und die Unternehmen und es geht um die Sicherung der Netzstabilität. Und es geht um das Verhindern sozial ungerechtfertigter Umverteilungen von Mietern und Pächtern zu Dach- und Flächenbesitzern.

Ich denke, mit dem nun beschlossenen Gesetz haben wir eine gute Grundlage, unsere Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu erreichen und gleichzeitig die Steigerung der Energiekosten für Bürger und Unternehmen im Vergleich zur geltenden Rechtslage zu reduzieren.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Harbarth