Waren Sie als parlamentarischer Beobachter bei den Protesten in Gießen am 29.11. dabei? Wie bewerten Sie die Polizeigewalt und werden Sie eine unabhängige Untersuchung fördern?
Guten Tag Herr Hering,
am 29.11. gab es gegen die Neugründung der in vielen Bundesländern als rechtsextrem eingestuften AfD-Jugendorganisationen viele Proteste Zivilgesellschaft. Bei diesen Protesten kam es auch immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Polizeigewalt. (1 2 3)
Nun zu meiner Frage
Waren Sie im Rahmen Ihrer politischen Arbeit als unabhängiger Beobachter bei den Protesten, insbesondere als ex Polizist, um ein neutrales Bild der Lage zu bekommen?
Meine zweite Frage ist wie bewerten Sie die in meinen Augen klare Polizeigewalt, wie in dem Video (1) und diesem Instagram-Beitrag (2) zu sehen ist, und welche Folgen wird dies haben?
Besonders im Hinblick auf weitere Vorwürfe, wie das Bewusstlosschlagen eines Demonstranten (3).
Welche Folgen können wir für die Gewalttäter auf beiden Seiten und für Innenminister Poseck erwarten?
Ich danke Ihnen für die ehrliche Antwort
F.B
1 https://shorturl.at/qUNax
2 https://shorturl.at/Hmm0P
3 https://shorturl.at/wmqZD
Guten Tag, Herr B.
Meine so neutral wie möglich und sehr vielseitigen Informationen ziehe ich aus dem Austausch mit eben solchen vor Ort gewesenen Personen, wobei naturgemäß nicht alle Einsatzorte und Lageentwicklungen von Einzelpersonen zu erfassen sind. Daher für mich insbesondere von großer Bedeutung: Medien unterschiedlichster Formate und Prägungen, auch Berichte von Teilnehmenden und Organisationsvertretern; auch O-Töne von Radiosprechern aber selbstverständlich auch die Einlassungen unseres Innenministers.
Über dies wäre zunächst von Interesse, was Sie selbst unter "Polizeigewalt" verstehen und welche Handlungskonzepte und Einsatztaktiken Sie in diesen Situationen für richtig hielten, um dem polizeilichen Auftrag gerecht zu werden.
Verletzte Personen auf allen Seiten sind zutiefst zu bedauern mit den Wünschen für baldige Genesung. Das gilt erst recht bei schwereren Verletzungsmustern, zu deren Ausprägung und Entstehung oder gar willentlich herbeigeführter Schwere ich hier keine abschließende Bewertung vornehme, zumal die Verantwortlichkeiten nicht in der Weise, wie von Ihnen beschrieben, feststehen.
Es liegt genügend Bildmaterial vor, welches sicherlich ausgewertet und ggf. rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahren zugeführt wird. Dies wurde auch in der Vergangenheit so praktiziert und ist auch den Einsatzkräften bewusst, zu deren Vorgehen ich auch nach Sichtung Ihrer Quellen und zum derzeitigen Kenntnisstand keine Bedenken hege. Es sei denn, Sie hätten weiter gehende Kenntnisse oder nicht geahnte Einsatzkonzepte zur Ergreifung von Störern und Straftätern schwerer Ausprägung.
Diese Gewalttäter aus dem zum Teil militanten Linksspektrum dürften das alles nicht nur genau so beabsichtigt haben, sondern haben im Vorfeld bereits angekündigt bzw. aufgerufen. Bei diesen organisierten und durchstrukturierten Gewaltorgien (bei Blockaden fängt Gewalt und Demokratiebeschädigung schon an) muss der Rechtsstaat klar durchgreifen, wie allerdings ganz klar auch im Fall von festgestelltem polizeilichem Fehlverhalten.
Wenn ich von Durchsetzung des Rechtsstaats spreche, beziehe ich ausdrücklich auch die Integrität der Polizeibediensteten mit ein. Bei nicht zu rechtfertigender oder überzogener polizeilicher Gewaltanwendung gar unter Missbrauch von Amtsstellungen, die dann auch ich als "Polizeigewalt" bezeichnen würde, gelten besonders hohe Maßstäbe. Derartiges sehe ich aber bis Stand dieser Beantwortung nicht und bin dankbar, dass eine solche Lagebewältigung gelungen ist, angesichts der bereits frühzeitigen Gewaltorgien bis hin zu schweren Gefährdungen.
