Frage an Christine Buchholz bezüglich Finanzen

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Christine Buchholz
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Frage von Horst D. •

Frage an Christine Buchholz von Horst D. bezüglich Finanzen

Millionen, um ihre eigenfinanzierte, private Kapitalbildung betrogene Bürger werden monatlich an die „kalte Enteignung (BT-DS 15/2472)“ durch den Gesetzgeber erinnert. Fragen an unsere Bundestagskandidaten 2013 zum Gesundheitsmodernisierungsgesetz:

Halten Sie es für richtig, dass

1. der Gesetzgeber seinen Bürgern in Ergänzung zur immer weniger werdenden Rente den Abschluss einer Direktversicherung (DV) empfiehlt, langjährige Verträge später aber ohne Vorwarnung rückwirkend außer Kraft setzt (Vertragsbruch) und damit Vertragsinhaber vor vollendete Tatsachen stellt?
2. Arbeitnehmer durch Gehaltsumwandlung jahrzehntelang auf Konsum verzichten, um bei Auszahlung nach dem 01.01.2004 mit einer Kapitalvernichtung „belohnt“ zu werden?
3. Beiträge aus Gehaltsumwandlung (bereits versteuerte und verbeitragte Einzahlungen), bei Insolvenz des Arbeitgebers (AG) oder vorzeitiger Kündigung auch bezahlt mit Arbeitslosengeld und BfA-Rente (also Privatvermögen) vom Gesetzgeber nach Auszahlung als Versorgungsbezüge? deklariert werden, obwohl im Vertrag „von vornherein Einmalzahlung, Rentenwahlrecht ausgeschlossen“ festgelegt war?
4. Versicherungsbeträge gezahlt OHNE Arbeitgeberanteil aus Gehaltsumwandlung vom Gesetzgeber als eine der Betriebsrente vergleichbare Einnahme (!) definiert werden, während Zahlungen des AG ZUSÄTZLICH ZUM GEHALT in eine auf den Namen des AN lautende DV keine Betriebsrente ist und nach Auszahlung beitragsfrei zur GKV/-PV bleiben?
5. AG, Versicherungsgesellschaften und die Gesetzlichen Krankenkassen die Gewinner, Arbeitnehmer aber die Verlierer sind?

6. Privat Versicherte Rentner keinen Solidarbeitrag leisten (Ungleichbehandlung der Rentner)?
7. Hochrangige Regierungsmitglieder für sich ständig Bestands- und Vertrauensschutz sowie Vertragstreue einfordern, dies jedoch den Bürgern verweigern?

Erbitte Ihre Antworten zu 1-7. Werden Sie als (künftiges) Mitglied des Bundestages eine Gesetzesinitiative zur Rücknahme/Korrektur des GMG auf den Weg bringen?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Debusmann,

auf Ihre Frage gebe ich Ihnen gerne Antwort. Sie stellt keine Rechtsberatung dar, sondern ist als allgemeiner Hinweis zur Rechtslage zu verstehen.
Die als Kapitalleistung erbrachte Direktversicherung unterliegt seit dem 1. Januar 2004 der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Gesetzesänderung erfolgte im Rahmen des sogenannten GKV-Modernisierungsgesetzes, das die damalige Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen zusammen mit der CDU/CSU aushandelte. Damit sollte die Ungerechtigkeit beseitigt werden, dass auf regelmäßige Zahlungen (z. B. Renten), nicht aber auf die einmalige Auszahlung Beiträge zur Krankenversicherung erhoben werden.
DIE LINKE im Bundestag ist grundsätzlich der Ansicht, dass alle Einkommensarten, nicht nur Löhne und Gehälter zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen werden sollten. Dazu gehören insbesondere Kapitaleinkünfte und Unternehmensgewinne. In Bezug auf Versorgungbezüge vertreten wir die Meinung, dass die Verbeitragung nur einmal erfolgen darf. Demzufolge sollten entweder auf das Einkommen oder auf die Auszahlung der Versicherung Beiträge gezahlt werden. Wurden also die Beiträge für die Direktversicherung aus unverbeitragtem Einkommen aufgebracht, dann sind nachträglich Beiträge zu zahlen. Wurden die Beiträge aus Einkommen gezahlt, für das bereits Krankenversicherungsbeiträge abgeführt wurden, darf unseres Erachtens nicht erneut verbeitragt werden.
Bei Direktversicherungen und Versorgungsleistungen, bei denen der Arbeitgeber die wirtschaftliche Last trägt (als zusätzliche Arbeitgeberleistung), fallen während der Ansparphase grundsätzlich keine Sozialversicherungsbeiträge an. In diesem Fällen müssten nach unserer Vorstellung in der Auszahlphase auf Rentenleistungen bzw. die Kapitalabfindung Beiträge abgeführt werden. Bei bis 2005 abgeschlossenen Verträgen, bei denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die wirtschaftliche Last tragen (als Entgeltumwandlung), galt die Regel, dass während der Ansparphase dann keine Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen waren, wenn die Beiträge aus Sonderzahlungen wie z. B. Weihnachtsgeld oder Bonuszahlungen entrichtet wurden. Auch in diesen Fällen müssten in der Bezugsphase Krankenversicherungsbeiträge fällig werden. Sofern eine Entgeltumwandlung über laufende Monatsbeiträge erfolgt ist, wurden bereits während der Ansparphase Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. In diesem Fall müssten die Renten oder die Kapitalabfindung bei Auszahlung beitragsfrei sein.
Seit 2005 sind Beiträge für die betriebliche Altersversorgung bei Entgeltumwandlung bis zur Höhe von 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung sozialabgabenfrei. Beiträge, die über die 4 Prozent dieser Beitragsbemessungsgrenze hinausgehen, sind dagegen sozialabgabenpflichtig. Hier müsste in Bezug auf die Abführung der Krankenversicherungsbeiträge entsprechend differenziert werden.
Nach einem Urteil des Sozialgerichts im Herbst 2010 ergibt sich eine anteilige Beitragspflicht bei Verträgen der betrieblichen Altersversorgung, die nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis privat fortgeführt wurden. Sofern eine Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft auf den/die Beschäftigte/n durchgeführt wurde, wird der Krankenversicherungsbeitrag nur auf den Teil der Leistung fällig, der aus Beiträgen während der Beschäftigungszeit entfällt. Versicherte können von ihrer Krankenkasse eine Rückerstattung zu viel gezahlter Beiträge verlangen.
Sie können versichert sein, dass meine Fraktion DIE LINKE sich auch in der nächsten Legislaturperiode weiter der Thematik annehmen wird.
Schwerpunktmäßig werden wir weiter für solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung streiten. Alle, auch die heute privat Versicherten, zahlen dann entsprechend ihrem Einkommen aus Löhnen, Gewinnen und Kapitalerträgen in die Bürgerversicherung ein. Die paritätische Finanzierung wird wiederhergestellt. So schaffen wir soziale Gerechtigkeit und stellen die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung auf eine stabile Grundlage. Wir könnten damit den Beitragssatz um rund ein Drittel auf 10,5 Prozent senken, so dass auch für Direktversicherungen weniger Beitrag abgeführt werden müsste.
Zudem setzen wir uns dafür ein, dass die gesetzliche Rente weiterhin den Lebensstandard im Alter sichert und langjährigen Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern ein Leistungsniveau deutlich oberhalb der Grundsicherung im Alter sichert. Durch eine solidarische Mindestrente stellen wir sicher, dass niemand im Alter in Armut leben muss. Wir sind hier mit einer Reihe von Anträgen initiativ geworden und werden das Thema auch in Zukunft verstärkt in die Diskussion bringen.

Mit freundlichen Grüßen,
Christine Buchholz