Werden Defizite bei „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten“ in Israel/Palästina im Koalitionsvertrag der Ampel in angemessen ausgewogener Weise angesprochen?

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Franziska Brantner
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Frage von Helmut S. •

Werden Defizite bei „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten“ in Israel/Palästina im Koalitionsvertrag der Ampel in angemessen ausgewogener Weise angesprochen?

Der Koalitionsvertrag der Ampel fordert „Fortschritte bei Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten“ nur von den Palästinensern nicht von den Israelis.

Allein in den letzten eineinhalb wird in sechs Berichten Israel Apartheid testiert: Entweder für Israel-Palästina insgesamt (BTselem und Amnesty International) oder beschränkt auf die besetzten Gebiete (Human Rights Watch, Yesh Din, UN-Menschenrechtsrat, IHRC Harvard Law School). Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags schreibt in einem Gutachten 2017, die Summe diskriminierender, menschenrechtswidriger Einzelmaßnahmen der israelischen Militärverwaltung in den C-Gebieten der Westbank komme dem Begriff von ethnischer Vertreibung nach dem Völkerstrafrecht „sehr nahe“ (Link s.u.).

Meine Frage stelle ich vor diesem Hintergrund – u.a.
Helmut S.
https://www.bundestag.de/blob/515092/.../wd-2-026-17-pdf-data.pdf

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

 

vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir sprechen solche Defizite in unserer täglichen politischen Arbeit ganz klar an. Zuletzt haben wir uns Anfang Mai sehr besorgt über die Entscheidung der israelischen Obersten Planungsbehörde, Pläne für den Bau von mehr als 4.000 Wohneinheiten im Westjordanland voranzutreiben geäußert.

Als Grüne Bundestagsfraktion werden wir uns auch in Zukunft für die universelle Einhaltung der Menschen- und des Völkerrechts einsetzen. Die neuen Wohneinheiten würden ein weiteres Hindernis für eine Zweistaatenlösung darstellen. Die israelischen Siedlungen stellen ganz klar eine Verletzung des Völkerrechts dar und daher stehen wir besonders als Bundesregierung seit dieser Entscheidung im engen Austausch mit unseren Partnern, sowohl auf Hauptstadtebene als auch vor Ort in Tel Aviv und Ramallah.

Unsere Vertretungen in Israel und den Palästinensischen Gebieten sind mehrere male vor Ort gewesen und haben mit den Betroffenen Gespräche geführt. Hierbei haben wir entschieden den israelischen Behörden nahegelegt, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Wir haben sehr klar daran appelliert, dass eine in besetzten Gebieten lebende Zivilbevölkerung besonders zu schützen ist und es zu recht hohe Hürden für Eingriffe, unter anderem auch in Eigentumsrechte, gibt.

Am 13. Mai haben wir uns gemeinsam mit anderen europäischen Partnern hierzu in einer Erklärung der Sprecher*innen der Außenministerien klar positioniert und in diesem Zusammenhang die israelischen Behörden dringend aufgerufen, keine geplanten Abrisse oder Räumungen, vor allem in Masafer Yatta, durchzuführen.

Ich möchte zum Schluss noch betonen: Öffentliche Bekunden von Sorge sind wichtig und richtig. Wir belassen es aber nicht dabei, sondern sprechen, wie bereits am Anfang betont, fortlaufend in unseren bilateralen Gesprächen diese Themen an. Wir haben darauf hingewiesen, dass diese neuen Wohneinheiten einen gerechten, dauerhaften und umfassenden Frieden zwischen Israelis und Palästinensern verhindern.

Ich versichere Ihnen, wir versuchen alles um zu einem Umdenken auf israelischer Seite beizutragen.

 

Mit besten Grüßen

Franziska Brantner

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