Werden Sie das Thema Endometriose unterstützen? Was können Sie im Rahmen der Endometrioseaufklärung konkret tun? Wie möchten Sie Diagnostik, Behandlung und Forschung vorantreiben?

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Franziska Brantner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Sabrina R. •

Werden Sie das Thema Endometriose unterstützen? Was können Sie im Rahmen der Endometrioseaufklärung konkret tun? Wie möchten Sie Diagnostik, Behandlung und Forschung vorantreiben?

Sehr geehrte Frau Brantner,

Endometriose betrifft 1 von 10 Frauen und ist die 2. häufigste gynäkologische Krankheit. Jährlich gibt es 40.000 Neudiagnosen und trotzdem ist die Krankheit weitestgehend unbekannt. Auch die Ursachen sind bislang unbekannt, so können nur die Symptome behandelt werden. Für die Aufklärung, Forschung und Behandlung werden nicht genügend Gelder für Verfügung gestellt. Trotz der Verbreitung der Krankheit, den Konsequenzen der Erkrankung, der eingeschränkten Lebensqualität der Betroffenen und dem unvertretbaren langen Zeitraum bis zur Diagnose (bei mir 22 Jahre), wurde über dieses Thema noch nie im Bundestag oder in einem Landtag beraten. Die Endometriose Vereinigung hat einen Forderungskatalog zusammengestellt. Ich bitte Sie sich die Zeit zu nehmen, diesen kurz zu lesen und sich über die Krankheit zu informieren und mir mitzuteilen, inwiefern Sie sich im Rahmen der Aufklärung, Diagnostik, Behandlung und Forschung für Endometriose stark machen können
Vielen Dank

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Reich,

 

meine Fraktion setzt sich sehr für Verbesserungen bei der Frauengesundheit ein.  Meine Kolleg*innen im Bereich Gesundheitspolitik haben daher das Positionspapier der Endometriose-Vereinigung mit Interesse zur Kenntnis genommen. Das betrifft insbesondere auch die Vorschläge zur vereinfachten Krankschreibung per Telefon und die bessere Forschung zu Therapie und Diagnostik.

 

Unser heutiges Gesundheitswesen funktioniert bislang überwiegend nach folgendem Schema: Definierte Krankheiten werden zunächst diagnostiziert, dann behandelt und schließlich bestenfalls geheilt. Entsprechend ist unser Gesundheitssystem gekennzeichnet durch eine zunehmende Spezialisierung und Subspezialisierung, eine Dominanz ärztlicher Berufe sowie ein stark auf Einzelleistungen und Diagnosen abstellendes Vergütungssystem. Bei Menschen mit chronischen Erkrankungen befördert ein solches krankheitsorientiertes System insbesondere Doppeluntersuchungen, Fragmentierung und Abstimmungsprobleme in der Versorgung, eine Vielzahl gleichzeitig verordneter Arzneimittel, überdurchschnittlich viele Arztkontakte bei einer unterdurchschnittlichen Kontaktzeit und eine eher passive Rolle der Patientinnen und Patienten.

 

Notwendig ist ein Aufbruch für ein Gesundheitswesen mit einem starken öffentlichen Gesundheitsdienst als aktiver Koordination, das ein umfassendes Verständnis von Gesundheit und Krankheit beinhaltet, Patientinnen und Patientinnen eine aktivere Rolle ermöglicht, die teamorientierte und gleichberechtigte Zusammenarbeit unterschiedlicher Gesundheitsberufen - in bestmöglicher Ausprägung ihrer jeweiligen Professionalität und Verantwortung – stärkt und auf eine patientenorientierte und koordinierte Behandlung setzt.

Mehr Kooperation und eine bessere Vernetzung können jedoch nicht zentral verordnet werden. Ohne flexiblere Bedingungen und eine stärker dezentral bzw. regional ausgerichtete Verantwortung für die Gesundheitsversorgung und daraus resultierende Möglichkeiten zur Selbstorganisation bleiben die Forderungen nach mehr Kooperation und Vernetzung ohne praktischen Widerhall in unserem Gesundheitswesen. Vor allem der kommunalen Ebene kommt, unterstützt durch den öffentlichen Gesundheitsdienst, eine große Bedeutung zu. Sie soll zwar nicht selbst die Versorgung organisieren, aber durch Netzwerkbildung die Einbindung gesellschaftlicher Akteure wie die Selbsthilfeorganisationen, Unternehmen, Sportvereine und Bildungseinrichtungen ermöglichen. Kommunen können etwa in der Verkehrs- oder Stadtplanung zu einem gesundheitsförderlichen Umfeld beitragen und Kompetenzen und Aktivitäten des (zu stärkenden) Öffentlichen Gesundheitsdienstes, der Jugendhilfe, der sozialen Dienste sowie der Pflegeplanung beisteuern. Nicht zuletzt können Kommunen kommunal getragene Krankenhäuser oder Versorgungszentren in regionale Versorgungsmodelle einbringen. Neben Dezentralisierung und Regionalisierung müssen auch die bestehenden wirtschaftlichen Anreize in den Blick genommen werden, um Kooperation und Vernetzung zu unterstützen. Die bisherigen nach Sektoren getrennten Vergütungssysteme schaffen Fehlanreize und verengen den Blick auf das jeweils – also sektorspezifische - eigene wirtschaftliche Ergebnis. Es bedarf hier einer Ökonomie, die den Blick aller Akteure in regionalen Versorgungsmodellen für das Ganze fördert und nicht nur den Interessen des Einzelnen dient.

Mit freundlichen Grüßen, Franziska Brantner

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