Frage an Sebastian Sommerer bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

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Sebastian Sommerer
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Frage von Matthias H. •

Frage an Sebastian Sommerer von Matthias H. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Guten Tag Hr. Sommerer

Wie stehen Sie zu dem Vorschlag für sterbende Dörfer einen Entschädigungsfond einzurichten, die es den Bewohnern ermöglicht  in die nächste größere, infrastrukturell besser ausgestattete Ortschaft zu ziehen. Das alte Dorf würde aufgegeben werden und die Natur könnte sich dieses Gebiet zurück holen. Auf Dauer würden die Entschädigungen weniger Kosten verursachen, als eine komplette Infrastruktur für eine Hand voll Menschen zu unterhalten. Außerdem würde dies den Flächenfraß andernorts wieder ausgleichen.

Sollten Sie auch die kleinen, sterbenden Dörfer erhalten möchten:
Welche Maßnahmen wären ihrer Ansicht nach dazu zu ergreifen?
Mit schnellem Internet und einen Landarzt wird es nicht getan sein.

Mit freundlichen Grüßen,
M. H.

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Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr Hocheisen,

besten Dank für Ihre Frage, welche durchaus sehr komplex ist!

Als Grundsatz gilt, dass alle Menschen überall gut versorgt sein sollen. Niemand soll gezwungen sein, den Lebensort zu verlassen, weil es an Infrastruktur und Daseinsvorsorge mangelt. Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse überall sichern. Deshalb lehnen wir eine Effizienz- und Konzentrationslogik zu Gunsten von Metropolen und urbaner Zentren ab.

Wir als LINKE haben das Volksbegehren gegen Flächenfraß mit unterstützt, da wir den Flächenverbrauch stoppen und umkehren wollen. Flächennutzungspläne müssen am tatsächlichen Bedarf orientiert werden. Wenn laut Baukulturbericht 65 Prozent der stark schrumpfenden Gemeinden in Deutschland angeben, aktuell neue Einfamilienhausgebiete umzusetzen, zeigt dies, das Rahmenbedingungen verändert werden müssen. Anders kann die fortdauernde Zersiedlung nicht verhindert werden. Innen- und Bestandsentwicklung müssen der Außenentwicklung vorgezogen werden. So lassen sich Infrastruktur-Folgekosten und ökologische Folgen der Bodenversiegelung vermeiden und wertvolle landwirtschaftliche Nutzflächen erhalten. Die Herausbildung multifunktionaler Ortszentren muss das Ziel der ländlichen Entwicklung sein, um Gemeinschaften zu stärken. Hierdurch können auch Erreichbarkeit und Finanzierbarkeit durch Funktionsbündelung gesichert und die Kulturlandschaft bewahrt werden.

Damit der Flächenverbrauch umgekehrt werden kann, ist es auch nötig, Rückbauten vorzunehmen. Dies darf jedoch nicht einseitig zu Lasten einzelner Gemeinden oder Bewohner geschehen, schon gar nicht durch Zwang! Jedoch dort, wo Infrastruktur und Gebäudebestand nicht mehr benötigt werden, sollte auch im Ländlichen Raum durch die Kommunen zurückgebaut werden können, was durch Fördermittel zu unterstützen ist.
Hierfür benötigt es einen Interessensausgleich aller Beteiligten. Doch die Herausforderungen des Ländlichen Raumes sind individuell, weshalb es regionaler Lösungen bedarf. Daher halte ich einen allgemeinen Rückbaufonds für keine tragfähige Lösung.
Jede Region muss die Möglichkeit haben, andere Antworten, Aufgabenteilungen und Zukunftsperspektiven zu finden – und die Menschen vor Ort wissen hierüber am besten Bescheid!
Deshalb möchten wir in erster Linie regionale und interkommunale Entscheidungsebenen stärken und diesen mehr Kompetenz bei der Entscheidung über Fördergelder geben. Das bedeutet in Bezug auf ihre Frage: Wenn auf regionaler Ebene im solidarischen Miteinander entschieden wird, „wir bauen Siedlungsteile zurück“ und man findet eine Form des Interessenausgleichs zwischen den Gemeinden und auch mit den privaten Hausbesitzern, dann soll das eine Förderoption sein.
In unserer Region sind mir jedoch keine Fälle bekannt, in welchen diese Maßnahme angebracht wäre.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage ausreichend beantworten!

Solidarische Grüße

Sebastian Sommerer