Frage an Svenja Stadler bezüglich Wirtschaft

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Svenja Stadler
SPD
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Frage von Klaus-Dieter M. •

Frage an Svenja Stadler von Klaus-Dieter M. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Frau Stadler,

in unserem Grundgesetz ist von einer "sozialen Marktwirtschaft" die Rede. In den letzten 20 Jahren beobachte ich das wir uns aber immer weiter einer reinen Marktwirtschaft zuwenden. Gewinne werden privatisiert und Verluste oder Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt (siehe z.B. Bankenunterstützung und Rückzug des Staates aus seinen originären Verpflichtungen). Ich habe durch meine Sozalisierung (Arbeiterfamilie) immer eine große Sympathie für die SPD gehabt und dieser auch Ausdruck verliehen. Nun zu meiner Frage:

1) Was gedenkt die SPD und was gedenken Sie persönlich dazu beizutragen das der Begriff der "sozialen Marktwirtschaft" aus unserem Grundgesetz wieder eine Bedeutung bekommt (Besteuerung von Konzernen, Zuschüße für Gesundheitswesen, gerechte Umverteilung).

Zum Schluß gestatte ich mir noch folgenden Hinweis: Sollte die SPD nach einer für sie "gescheiterten" Wahl eine große Koalition eingehen verliert die Partei und alle ihre Kandidaten jedwede Glaubwürdigkeit und wird für viele Menschen in Zukunft unwählbar sein.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihr Interesse an sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik und für Ihre konkrete Frage.

Mit Ihrem Anspruch, das Wesensmerkmal „sozial“ in der grundgesetzlich vorgegebenen „sozialen Marktwirtschaft“ wieder stärker erkennbar zu machen, treffen Sie natürlich ins Schwarze sozialdemokratischer Gesellschaftsentwürfe.

Deutschland ist weltweit gesehen unbestritten wirtschaftlich stark. Aber eine starke Wirtschaft ist für uns an sich noch keine gute Wirtschaft. Sie ist es erst dann, wenn sie gleichermaßen sozial und gerecht ist. Und hier sehe ich genau wie Sie und auch meine Parteigenossinnen und –genossen noch deutlichen Handlungsbedarf. In unserem Regierungsprogramm erklären wird daher, dass wir unsere Wirtschaftspolitik sowohl der ökonomischen und fiskalischen als auch der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet sehen. Wachstum, solides Haushalten, soziale Gerechtigkeit und der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen bilden das Viereck unserer politischen Ziele, sowohl in der Wirtschafts- wie in der Finanzpolitik. Da ich an dieser Stelle nicht das gesamte Regierungsprogramm zitieren kann, lassen Sie mich kurz Ihre Stichpunkte aufgreifen:

Unternehmenssteuern:
Zunächst einmal ist es wichtig, dass bestehende Gesetze tatsächlich umgesetzt werden. Dafür erwarten wir, dass alle Bundesländer ihre Steuerverwaltungen, Steuerfahndungen und Betriebsprüfungen personell vernünftig aufstellen. Sämtliche aus einer Straftat erlangten Vermögenswerte und alle rechtswidrigen Gewinne sollen konsequent eingezogen werden.

Dass Unternehmen ihre Gewinne klein rechnen oder in Steueroasen transferieren, um sich ihrer Steuerpflicht zu entziehen, ist unredlich und absolut inakzeptabel. Verschiedene Maßnahmen, teilweise in Kooperation mit anderen Ländern, sind notwendig, um Lücken zu schließen und Steuerbetrug, Steuervermeidung und Geldwäsche effizient und hart zu bekämpfen: Verbesserung der Transparenz durch automatischen Informationsaustausch, ein europäisches Transparenzregister für Steuerbehörden, eine „schwarze Liste“ der Steueroasen der OECD, Verbot anonymer Finanzgeschäfte in Offshore-Gebieten und harte Sanktionen für regelwidrig operierende Banken - um nur einige Maßnahmen zu nennen.

Gerechte Finanzierung der Krankenversicherung:
In der Gesundheitsversorgung darf es keine zwei-Klassen-Gesellschaft geben. An der hohen Qualität unseres Gesundheitssystems müssen alle, die Bedarf an Leistungen ärztlicher Versorgung oder Pflege haben, gleichermaßen teilhaben. Unser Ansatz ist daher, alle Bürgerinnen und Bürger auf die gleiche Weise zu versichern – mit der paritätischen Bürgerversicherung. Paritätisch heißt, Arbeitgeber und Versicherte zahlen den gleichen Anteil am gesamten Versicherungsbeitrag. Der einseitige Zusatzbeitrag wird abgeschafft. Außerdem ist es uns wichtig, Menschen mit chronischen Erkrankungen von Zuzahlungen zu entlasten und Leistungen für Zahnersatz und Sehhilfen zu verbessern. Wir wollen alle erstmalig zu Versichernden automatisch in die Bürgerversicherung aufnehmen. Bisher privat Versicherte bekommen eine Wahloption und für Selbständige mit geringem Einkommen schaffen wir einkommensabhängige günstige Beiträge.

Gerechte Umverteilung:
Dass die Einkommens- und Vermögensschere weltweit und auch bei uns immer weiter auseinanderdriftet, empfinde ich als unfassbare Ungerechtigkeit. Die Möglichkeiten des Staates, dem entgegenzuwirken, sind begrenzt. Aber die Möglichkeiten, die es gibt, sollten wir nutzen.

Beispiel Managergehälter:
Dass Manager das 50 oder gar 100-fache der Beschäftigten ihres Unternehmens verdienen, ist mit Vorstellungen über soziale Marktwirtschaft nicht vereinbar. Was wir hier tun können und tun wollen, ist, die steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern auf 500.000 Euro zu begrenzen.

Und in der Steuerpolitik finden sich noch weitere Ansatzpunkte, um der jetzigen Tendenz, der Verteilung von unten nach oben, eine 180°-Wende zu verpassen. Mit unserem Steuerkonzept werden geringe und mittlere Einkommen entlastet, während wir uns nicht scheuen, Spitzenverdiener stärker in die Verantwortung für das Gemeinwohl zu nehmen. Schließlich muss die Entlastung für die große Mehrheit derjenigen mit geringem bzw. mittlerem Einkommen auch finanziert werden. Wir halten nämlich weder etwas davon dies auf Pump zu zahlen – sprich nachfolgende Generationen zu belasten. Noch halten wir etwas davon, den Rotstift bei der Daseinsvorsorge des Staates möglicherweise dort anzusetzen, wo es wieder vorwiegend sozial Schwächere trifft.

Wir haben noch mehr Vorsätze in petto: Geringverdienende bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlasten, Abschaffung des Solis für mittlere und geringe Einkommen, Befreiung der Familien von Kitagebühren, überhaupt gebührenfreie Bildung – ob Erststudium oder Ausbildung. Hierbei sollen auch die BAFöG-Leistungen verbessert werden. Möglicherweise aus Unwissenheit wird der Kinderzuschlag von vielen Berechtigten nicht in Anspruch genommen. Vor diesem Hintergrund möchten wir diese Leistung mit dem Kindergeld zum erweiterten Kindergeld zusammenfassen, das der Zielgruppe automatisch zugutekommen wird. Wir ersparen den Verwaltungen damit überdies eine Menge Bürokratie.

Gerechtigkeit und soziale Marktwirtschaft – mit der Betonung auf „Sozial“ - sind für mich untrennbar miteinander verbunden. Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit den wenigen Beispielen vermitteln, wie wir Sozialdemokatinnen und Sozialdemokraten unser Motto „Zeit für Gerechtigkeit“, gedenken umzusetzen. Und ich freue mich auf eine breite Unterstützung hierfür durch die Wählerinnen und Wähler am 24. September.

Mit freundlichen Grüßen
Svenja Stadler

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