Sehr geehrte Frau Pluta

vielen Dank für Ihre Anfrage, die mich über Abgeordnetenwatch erreicht hat. Ich gehe davon aus, dass Ihnen der Unterschied zwischen Bürgern der Europäischen Union, die die europäische Freizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit besitzen, und daher in anderen Ländern der EU arbeiten können, und Menschen, die als Geflüchtete bei uns oder in anderen Ländern der EU Schutz und Hilfe suchen, und deren Aufenthaltsstatus geklärt werden muss, durchaus bewusst und bekannt ist. Weiterhin gehe ich davon aus, dass Ihnen genauso bewusst ist, dass der Landtag Nordrhein-Westfalen keine originäre Zuständigkeit und Möglichkeit hat, in den aktuellen Fragen der Flüchtlingsaufnahme aus griechischen Camps unmittelbaren zu entscheiden und zu handeln. Dafür sind der Bundestag bzw. die Bundesregierung zuständig. Und nicht zuletzt war diese Frage schon vor der aktuellen Pandemie-Krisensituation ein politische umstrittenes und offensichtlich leider bisher auch europaweit nicht einheitlich und solidarisch zu lösendes großes Problem.

Das vorausschickend, möchte ich Sie auf die Debatte, die wir am 11. März 2020 im Landtag Nordrhein-Westfalen dazu geführt haben, aufmerksam machen. Die SPD-Landtagsfraktion hat dort mit in einem Entschließungsantrag (http://landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-8822.pdf) unsere Haltung und Position zum Ursprungsantrag der Grünen verschriftlicht. Zumindest in Teilen gibt der Entschließungsantrag deshalb Antworten auf die Fragen, die Ihrer konkreten Frage zugrunde liegen. Unter anderem fordern wir Sozialdemokraten dort, die „anteilige Übernahme dieser Kinder in enger Absprache mit den NRW-Kommunen, die sich bereit erklärt haben, besonders schutzbedürftige Gruppen von den griechischen Inseln aufzunehmen, in die Wege zu leiten“.

Auch die Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands drängen auf eine zeitnahe Lösung. Dazu habe ich Ihnen ebenfalls eine Quelle (https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/kinder-noch-diese-woche-aus-griechischen-fluechtlingslagern-holen/06/04/2020/) beigefügt. Wie die Medien gerade heute, am 8. April 2020, melden, scheint (endlich) ein erster Weg in Europa vereinbart worden zu sein, um besonders betroffenen Kinder nach Deutschland holen zu können. Ein erster, ganz wichtiger Schritt.

Weiterhin darf ich vielleicht noch anmerken, dass Erntehelfer – heimische genau wie Saisonarbeiter aus anderen europäischen Ländern - auch deshalb notwendig sind, weil jetzt zwingend das auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen gepflanzt und gesetzt werden muss, was im Sommer und Herbst geerntet werden, und die Versorgung mit Obst, Gemüse, Getreide sicherstellen soll und muss. Um die Versorgungs- und Produktionsketten nicht zu unterbrechen, mit all den Folgen, die das weit über Deutschland hinaus hätte, brauchen wir Menschen – eben auch aus anderen europäischen Ländern - die diese Tätigkeiten übernehmen und sich zu diesem Zweck zeitlich befristet in Deutschland aufhalten.

Abschließend will ich darauf hinweisen, dass ich es als Verpflichtung und Notwendigkeit empfinde, auf jeden Fall die Situation vor Ort, also in den Camps und Lagern, rasch zu verbessern. Auch dafür setzt sich die Politik auf vielen Ebenen ein, wie Sie ebenfalls unserem Entschließungsantrag entnehmen können.

Mit freundlichen Grüßen

Carina Gödecke