Sehr geehrte Frau Brantner, Was halten Sie von einem Generationen-Soli, zu bezahlen von gut situierten, kinderlosen Singles und Doppelverdienern?

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Franziska Brantner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Monika S. •

Sehr geehrte Frau Brantner, Was halten Sie von einem Generationen-Soli, zu bezahlen von gut situierten, kinderlosen Singles und Doppelverdienern?

Sehr geehrte Frau Branter,
kinderlose Singles und Doppelverdiener zahlen die gleichen Steuern wie Eltern, die mindestens für Krippe, Kindergärten/Kitas und Schulbetreuung aufkommen müssen, häufig auch noch für Gebühren und Kosten der weiteren Ausbildung. Frauen mit Kindern arbeiten oft gar nicht oder nur in Teilzeit, entsprechend fällt der Verdienst und auch die Rente deutlich niedriger aus als bei kinderlosen Vollverdienern.
Da zudem der ökologische Fußabdruck bei kinderlosen Vollverdienern zumeist auch noch deutlich höher ist, würde mich interessieren, ob überhaupt schon einmal der Vorschlag hochkam, dass kinderlose Vollverdiener und Rentner/Pensionäre ab einem bestimmten Gehalt/Rente/Pension und einem gewissen Alter (40?) mehrere Hundert Euro/Monat ihres Verdienstes/Rente abgezogen wird und in einen Fonds für Bildung, Pflege und Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe einfließt. Das wäre gegenüber den künftigen Generationen gerecht und notwendig.
Viele Grüße
Monika S.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau S.,

 

herzlichen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Vorschlag eines Generationen-Solis.

 

Sie sprechen hier einen berechtigten Punkt an. Es ist zurzeit leider nicht nur so, dass kinderlose Ehepaare im Vergleich zu Familien mit Kindern die gleichen Steuern zahlen. Gegenüber unverheirateten Eltern werden sie durch das Ehegattensplitting sogar noch bevorzugt. Das Ehegattensplitting wird als eine familienpolitische Maßnahme deklariert, die den Staat viel Geld kostet – ca. 22 Milliarden Euro im Jahr (vgl. Bundesministerium für Finanzen 2019: Datensammlung zur Steuerpolitik 2019). Dabei profitieren von dieser Steuersubvention vor allem Gutverdiener-Ehen, weil höhere Einkommen stärker davon profitieren, und auch Ehen ohne Kinder. Von den 22 Milliarden Euro kommen neuneinhalb Milliarden Euro Ehepaaren zugute, die keine (steuerlich zu berücksichtigende) Kinder haben (vgl. ebenda). Die steuerliche Förderung ist auch ungerecht, weil sie nur verheirate Paare begünstigt und unverheiratete Paare mit Kindern sowie Alleinerziehende von dieser Förderung ausschließt.

 

Die Attraktivität liegt zudem darin, dass der Splittingvorteil umso größer ist, je größer der Gehaltsunterschied zwischen verpartnerten oder verheirateten Paaren ist. Am meisten profitieren somit Alleinverdiener-Ehen. Mehr als 16.500 Euro kann die Subvention bei Spitzenverdiener*innen pro Jahr ausmachen. Ein finanzieller Anreiz, der vor allem Frauen aus dem Berufsleben drängt. Die Frauen haben aufgrund ihres Verzichts auf Erwerbsarbeit zugunsten der Sorgearbeit und der Steuerersparnis schlechtere Chancen wieder ins Arbeitsleben einzusteigen. Bei der Rente führt das schließlich zu einer doppelten Benachteiligung, einerseits durch die fehlenden Erwerbseinkünfte und die damit verbundenen Sozialbeiträge selbst und andererseits durch die niedrigeren Einkommen in Folge der Erwerbsunterbrechung, wie Sie auch selbst schildern.

 

Es ist daher höchste Zeit den Familienleistungsausgleich aus Ehegattensplitting, Kinderfreibeträgen und Kindergeld vom Kopf auf die Füße zu stellen und die Kinder statt die Ehe zu fördern. Hierzu wollen wir Grüne eine Kindergrundsicherung einführen und das Ehegattensplitting abschaffen. Dabei sollen Bestandsehen nicht schlechter gestellt werden als heute. Die Kindergrundsicherung verbinden wir mit einer Neuermittlung dessen, was Kinder zum Leben brauchen.

 

Um die Bundesländer bei den dringend nötigen Ausgaben im Bildungsbereich zu unterstützen, wollen wir Grünen die Einführung einer Vermögensteuer prüfen. Für uns ist es aus zwei Gründen wichtig, dass hohe Vermögen in unserem Land wieder eine Besteuerung erfahren: Zum einen besteht in unserem Land eine erhebliche Ungleichverteilung von Vermögen. Eine Vermögensteuer, so ausgestaltet wie von uns vorgeschlagen, kann die gestiegene Ungleichheit zwar nicht zurücknehmen, wäre aber ein wichtiger Beitrag um einen weiteren Anstieg der Ungleichheit zu verhindern. Zum zweiten bestehen nach der Pandemie erhebliche Finanzlücken, auch in den Haushalten der Bundesländer. Schon vor der Pandemie bestanden im Bildungsbereich erhebliche Defizite. Deutschland braucht höhere Bildungsausgaben zu deren Finanzierung wir eine neue Vermögensteuer vorgeschlagen.

 

Was den Klimaschutz betrifft, planen wir Grünen, die Einnahmen aus dem CO2-Preis vollständig als Energiegeld pro Kopf an alle Bürger*innen zurückzugeben. Das kommt vor allem Familien und Menschen mit geringem Einkommen zugute, denn gerade sie verbrauchen sehr viel weniger CO2 als Menschen mit hohen Einkommen. Durch das Energiegeld können bei ihnen demnach die gestiegenen Kosten durch den CO2-Preis überkompensiert werden.

Mit freundlichen Grüßen, Franziska Brantner

 

 

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